März 15

Stellungnahme zum Haushalt 2024

Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Zwicker,
sehr geehrter Herr Kämmerer Kersting,
sehr geehrte Damen und Herren,

als der Landrat im Dezember des vergangenen Jahres den Haushaltsentwurf mit den Worten einbrachte: „…die fetten Jahre sind vorbei. Ein Wunschkonzert kann es nicht mehr geben.“, dachte ich natürlich er meinte damit in erster Linie sein Lieblingsprojekt „Ich haben die niedrigste Kreisumlage in NRW!“ Aber weit gefehlt: offenbar war das schon der erste Hinweis darauf, die allseits beliebte Reihe der Ahauser Schlosskonzerte einzustellen zu wollen!

Ein Thema, über das wir heute noch zu sprechen haben und ich bin froh, dass ich im letzten Kreisausschuss vernommen habe, dass die Verwaltung durchaus bereit ist sich mit der Stadt Ahaus und möglichen Unterstützergruppen aus der Bürgerschaft an einen Tisch zu setzen, um die 72-jährige Tradition der Schlosskonzerte nicht abreißen zu lassen. Gerade der Tradition fühlt sich die CDU nach eigenem Bekunden immer sehr verpflichtet und das ist auch richtig und wichtig, denn sie ist identitätsstiftend und bildet die Basis für die gesellschaftliche, ideelle und kulturelle Entwicklung einer Gemeinschaft. Also fordere ich Sie auf, liebe Kolleginnen und Kollegen aus der Union: lassen sie uns gemeinsam die Tradition aufrecht halten und gleichzeitig an zukunftsfähigen Lösungen für die Schlosskonzerte arbeiten!

Natürlich bezog sich die Kernaussage des Landrats in erster Linie auf die freiwilligen Leistungen, wie wir beim Lesen des Haushaltsentwurfs schnell feststellen konnten. Kein Klimaschutzprogramm, keine Batteriespeicherprogramm mehr und wie sich dann herausstellte, sollte auch der gerade eingeführte „Baumwollexpress“ (die Linie X80 des ÖPNV) gekappt oder verstümmelt werden.

Am besten wäre es – so vermute ich mal – wenn die Busverbindung zwischen Bocholt und Bad Bentheim komplett eingestellt würde, wäre es nach den Vorstellungen des Landrats und Teilen der CDU gegangen. Eventuell sind sie aber auch nur von ihrem Juniorpartner FDP dazu getrieben worden, denn wie ließ uns Kollege Schneider kürzlich wissen: „Wir lassen einen Geisterbus rumfahren, der Geld verbrennt.“

Starke Worte über ein Verkehrsprojekt, welches gerade erst begonnen wurde und unter äußerst unglücklichen Rahmenbedingungen zu leiden hatte. Die Baustelle auf der B70 und die dringend zu optimierenden Fahrtzeiten seien hier nur beispielhaft erwähnt.

Wenn wir so harte Maßstäbe bei jeder Buslinie im Kreis kurz nach ihrem Start angelegt hätten, würde es garkeinen ÖPNV mehr im Kreis Borken geben. Das der ÖPNV in einem Flächenkreis immer ein schwieriges und kostspieliges Thema ist, ist ebenfalls eine Binsenweisheit und sollte eigentlich nicht immer wieder erwähnenswert sein. Wenn ich mir aber dann die Wortbeiträge von CDU und gerade FDP dazu anhöre, ist es wohl doch noch nicht bei jedem angekommen.

Wie sieht denn die Alternative zu Schnellbusverbindungen aus? Jahrzehntelange Diskussionen über Schienennahverkehr oder Radschnellweg, welche auf sich warten lassen und ein geleichzeitiges „Weiter so!“ beim Individualverkehr? Das können nicht die einzigen Lösungen sein, die wir unseren Bürgern in Zeiten von steigenden Kosten und bei gleichzeitigen Problemen durch den voranschreitenden Klimawandel anbieten.

Wenn es nach der FDP geht, sollten wir wahrscheinlich alle auf den Flugverkehr setzen. Da würde ich mir mal ein klares Wort vom Kollegen Schneider wünschen, wenn wir über Geisterflüge und verbranntes Geld beim Flugplatz Wenningfeld oder gar beim FMO reden würden. Meistens kommt da aber immer nur etwas bei raus, was sich nach „…lokaler Wirtschaftsförderung…“ und „…wir müssen auch an unsere Unternehmer denken…“ anhört. Davon kommen die Bürgerinnen und Bürger im Kreis Borken aber leider nicht von Bocholt nach Vreden, oder von Gronau nach Rhede. Ganz zu schweigen davon, dass sie den ICE in Bad Bentheim niemals erreichen werden und Touristen fliegen auch sehr selten ins Westmünsterland ein um hier „Das gute Leben!“ zu genießen. Da würden mich mal statistische Zahlen interessieren, eventuell kann ja der berühmte und über den grünen Klee gelobte „Münsterland e.V.“ da mal etwas liefern, wer weiß?!?

Zum Glück sieht aber die große Mehrheit der Bürgermeister und Bürgermeisterinnen das anders! Ebenso wie viele Stadträte, welche sich über alle Fraktionsgrenzen hinweg für eine Weiterführung der Erprobungsphase des X80 bis 2026 ausgesprochen haben. Es ist aus Sicht der UWG/Stadtpartei-Fraktion sehr zu begrüßen, dass wir dem nun hier im Kreistag Folge leisten und dem „Baumwollexpress“ die Chance geben sich zu beweisen und gleichzeitig den Menschen ein Signal der Verlässlichkeit unserer Kreispolitik senden.

Obwohl ich froh bin, dass wir uns hier auf diesen Kompromiss geeinigt haben, muss ich doch noch ein kritisches Wort an die Mehrheitsfraktionen von CDU und FDP loswerden:

Dem Landrat und dem Kämmerer sei es zugestanden, wenn sie sich zum Hüter der Kreisumlage machen und den Gestaltungswillen der Politik überlassen. Das ist nicht das schlechteste was einem als Kommunalpolitiker passieren kann – glauben sie mir – denn ich komme aus Gronau und da habe ich mit Bürgermeister Doetkotte von der CDU einen Verwaltungsleiter, welcher mal eben Steuerverdopplungen zu Weihnachten verkündet. Das ist wahrlich kein Spaß kann ich ihnen sagen und dagegen ist die Debatte über den Kreishaushalt die reinste Wellnesskur!

Wenn aber die Rollen im Kreis so klar verteilt sind, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und FDP, dann schimpfen sie doch bitte nicht darüber, wenn UWG, Grüne und SPD Anträge zum Haushalt stellen. Stellen sie doch einfach auch einmal selbst welche und damit meine ich tatsächlich eigene Anträge und nicht, dass sie unsere Anträge aufnehmen und ein bisschen abändern und dann so tun als seien das ihre Anträge. Ein solches Vorgehen nennt man abschreiben und das war bekanntlich schon in der Schule ein Armutszeugnis. In der Politik dokumentiert das zusätzlich noch die eigene Ideenlosigkeit, was einer Mehrheitsfraktion auch nicht wirklich gut zu Gesicht steht, oder?

Aber um wieder zum optimistischen Teil der Budgetberatungen zurückzukehren, darf ich für die UWG/Stadtpartei-Fraktion feststellen, dass erfreulich viele und auch wichtige Anträge (welche wir gemeinsam gestellt haben) eine Mehrheit finden konnten.

Dies gilt zum einen für den sehr erfolgreichen Klimafördertopf für Vereine und Verbände, welcher mit 500 TEURO fortgesetzt wird und auch für das Batterieförderprogramm für PV-Altanlagen. Natürlich gibt es auch hier Änderungswünsche der CDU aber geschenkt, solange wir weiterhin im Kreis Borken gegen die Folgen des Klimawandels kämpfen. Natürlich werden wir hiermit nicht die Welt retten (Wenn das ginge, hätten wir schon längst einen entsprechenden Antrag gestellt – sie ahnten es bereits, oder?), aber jeder und jede muss in seinem Verantwortungsbereich seinen Teil dazu beitragen und da sind wir im Kreis Borken jetzt wieder auf dem richtigen Weg.

Auch unser Vorschlag einen weiteren Trailer zur Tempokontrolle anzuschaffen wurde gefolgt. Dies ist auch richtig und sinnvoll, denn leider wird im Kreisgebiet oftmals zu schnell und damit zu gefährlich gefahren, wie die Erfahrungen mit der Anschaffung des ersten Blitzanhängers zeigen. Dieses Gerät arbeitet autonom und sendet die Daten der Geschwindigkeitsverstöße direkt online. Es kommt im Betrieb ohne Personal aus und kann ganztägig auch bei Nacht eingesetzt werden. Damit ist es prädestiniert an Unfallschwerpunkten dauerhaft für die Einhaltung der Verkehrsregeln zu sorgen. Und die Bürgerinnen und Bürger haben es selbst in der Hand, ob sie durch ihr Verhalten der Kreiskasse weitere Einnahmen bescheren wollen, oder eben nicht.

Leider konnten wir uns bei einigen Anträgen nicht durchsetzen, wie zum Beispiel mit dem Antrag zur Schwimmfähigkeit unserer Kinder. Immerhin wird der in der nächsten Sitzung des Fachausschusses erneut beraten. In Vorbereitung auf die Sitzung kann ich ihnen nur den Kommentar aus den Westfälischen Nachrichten noch einmal wärmstens ans Herz legen, denn wie schrieb Horst Andresen so treffend:

“Die Zeit drängt. Jetzt heißt es wieder: Warten bis zur nächsten Sitzung. Besser wäre gewesen: Ab ins Becken!“. Eventuell hilft es in diesem Fall auch, wenn die CDU nochmal einen „eigenen“ Antrag formuliert. Für die Sicherheit unserer Kinder wäre es zu wünschen.

Sicherlich ist ihnen schon aufgefallen, dass ich mich in dieser Haushaltsrede einzig und allein auf kommunale Themen fokussiert habe. Es gibt allerdings einen Antrag, welcher uns besonders am Herzen liegt und wo sich bundesweite Entwicklungen und kommunale Ereignisse überlagern. Ich spreche von dem Kampf gegen Rassismus und Extremismus! Die widerwärtigen Vorgänge rund um ein Treffen von Verfassungsfeinden und Demokratieverächtern im November 2023 in Potsdam haben Anfang des Jahres die Republik wachgerüttelt und auch im Kreis Borken zu vielen tollen und sehr gut besuchten Demonstrationen für Vielfalt, Freiheit und Demokratie geführt. Hier haben die Bürgerinnen und Bürger im Westmünsterland ein starkes Zeichen für unsere Demokratie und unsere freiheitliche Gesellschaft gesetzt. Darum ist es uns wichtig, dass auch die demokratischen Kräfte im Kreistag gemeinsam dieses Zeichen setzen und da der Kompromiss ein wichtiger Bestandteil von demokratischen Prozessen ist, ist uns wichtiger das hier CDU, FDP, B90/Die Grünen, SPD und UWG/Stadtpartei einen gemeinsamen Antrag zur Demokratieförderung verabschieden, als wenn wir auf unserem originären Antrag bestehen und dadurch ein Zeichen der Spaltung aussenden würden!

Denn genau das ist es, was die Feinde der Demokratie sich wünschen: zu spalten, Hass und Angst zu sähen und die staatlichen Institutionen verächtlich zu machen. An dieser Stelle kann ich an die beiden Kollegen Ludwig und Kublun nur appellieren, hinterfragen sie sich ganz genau mit welchen Menschen sie da gemeinsame Sache machen und erinnern sich an unseren Amtseid, als wir alle geschworen haben: Die „…Verfassung und Gesetze zu beachten…“

Noch ist es dafür nicht zu spät und ihr Parteikollege im Rat der Stadt Gronau hat das zum Beispiel erkannt und seine Konsequenzen gezogen und ist ausgetreten. Dafür hat er sich meinen Respekt verdient, denn einen Fehler einzugestehen ist nie leicht, aber zeugt von Größe.

Fazit der UWG/Stadtpartei Fraktion zum Budgetentwurf 2024:

Da ein Großteil unserer Anträge (wenn auch in abgeänderter Form) angenommen wurde, kann die UWG/Stadtpartei – Fraktion dem vorliegenden Budgetentwurf in diesem Jahr zustimmen.

Ich darf ihnen allerdings versichern, dass wir weiterhin unbequem, diskussionsfreudig und anstrengend für die Kreistagsmehrheit bleiben werden, natürlich im besten demokratischen Sinne.

Und wir freuen uns schon sehr auf die kommenden Debatten zu den erneut anstehenden Abordnungen von Lehrkräften aus dem Münsterland ins Ruhrgebiet. Liebe Grüße an dieser Stelle schon einmal vorweg an Ministerin Feller und Regierungspräsidenten Bothe, wir freuen uns auf die sicherlich spannende Diskussion.  

Vielen Dank!

Jörg von Borczyskowski

Vorsitzender UWG/Stadtpartei-Fraktion im Kreistag des Kreises Borken


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